Doch was bleibt dem Enkel am Ende wirklich auch versicherungstechnisch? Als die Großmutter von Jonas verstarb, fand sich im Nachlass kein Auto, aber ein letzter Wunsch: „Wenn es geht gib meinem Enkel meine Schadenfreiheitsklasse.“ Ein kurioser Gedanke? Keineswegs. Denn gerade in der Versicherungswelt kann eine jahrzehntelang aufgebaute SF-Klasse bares Geld wert sein theoretisch. Doch was ist wirklich möglich?
1. Was passiert mit der SF-Klasse nach dem Tod?
Verstirbt der Versicherungsnehmer, endet die Kfz-Versicherung automatisch die SF-Klasse verschwindet aber nicht direkt ins Nichts. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen auf enge Verwandte (z. B. Ehepartner, Kinder) übertragen werden Enkel nur, wenn sie nachweislich über längere Zeit das Fahrzeug mit genutzt haben. Die entscheidenden Bedingungen:
- Die übernehmende Person bekommt nur so viele unfallfreie Jahre angerechnet, wie sie selbst hätte erfahren können (abhängig vom Führerscheindatum).
- Die Übertragung ist nur einmal im Leben möglich und muss aktiv beantragt werden.
Beispiel:
Jonas hat seit 3 Jahren den Führerschein. Oma war 35 Jahre unfallfrei. Jonas könnte also bei nachgewiesener Mitnutzung maximal SF 3 erhalten, obwohl Oma SF 35 hatte. Trotzdem lohnt sich das.
→ Ersparnis: 600 € pro Jahr
Aber aufgepasst! Diese Jahrzehnte unfallfreier Fahrt wären damit auch verschenkt und man kann nichts mehr rückgängig machen. Besser wäre es in so einem Fall, die SF-Klasse auf jemanden zu übertragen, der sie auch in voller Höhe verwenden kann. Etwa den Ehepartner oder ein Kind mit langjährigem Führerscheinbesitz. So wird das Sparpotenzial nicht vergeudet. Denn diese Person kann dann richtig sparen und dann stellen Sie sich mal vor. Sie legen das Geld dann noch in einer Altersvorsorge an… macht es jetzt klick?
2. Warum Ihrem Kind einen Roller schenken?
Noch bevor es zum Auto kommt: Viele Eltern schenken ihren Kindern mit 16 einen Roller. Warum? Weil man damit nicht nur Mobilität, sondern auch finanzielle Vorteile für die Zukunft übergibt nämlich durch den Aufbau einer eigenen SF-Klasse.
Beispiel:
Lina fährt ab 16 einen 125ccm Roller unfallfrei. Mit 18 steigt sie aufs Auto um und hat bereits 2 schadenfreie Jahre → SF 2 statt SF 0 → ihre erste Autoversicherung ist direkt 40 % günstiger. Aber lohnt sich das überhaupt? Du schenkst deinem Kind mit 16 ein versicherungspflichtiges Leichtkraftrad (z. B. 125ccm Roller oder Motorrad), um damit SF-Klassen aufzubauen, die später beim ersten Auto bares Geld sparen sollen.
„Ja, aber jetzt bezahl ich doch auch schon zwei Jahre eher Kfz-Steuern, vielleicht noch eine Teilkasko, der Roller selbst und und und… Das kann sich doch niemals lohnen…
Oder?!“

Kosten pro Jahr: (geschätzt, abhängig von Region & Versicherer):
- Kfz-Haftpflicht (SF 0): ca. 300 €
- Teilkasko mit 150 € SB (optional): ca. 150–200 €
- Kfz-Steuer (für 125ccm): ca. 20 €
- Zulassung / Kennzeichen / TÜV (einmalig): ca. 80 €
Kosten über 2 Jahre:
- Versicherung: 2 × 300 € = 600 €
- Steuer: 2 × 20 € = 40 €
- Sonstige: 80 €
- Gesamt: ca. 720 € für 2 Jahre
Beispiel:

Ohne SF-Aufbau:
- SF 0 → Beitragssatz ~100 %
- Jahresbeitrag z. B. bei VW Golf: ca. 1.400 €
Mit 2 Jahren SF:
- SF 2 → Beitragssatz ~60 %
- Jahresbeitrag bei gleichem Auto: ca. 840 €
→ Ersparnis im 1. Jahr: ca. 560 €
Und danach? Die SF-Stufe wächst Jahr für Jahr, wenn unfallfrei gefahren wird. Damit spart dein Kind über viele Jahre. Gehen wir einfach mal davon aus, dass der Roller selbst bis zu 1500€ gekostet hat. Haben wir das, was wir für den Roller bezahlt haben, bereits nach 3 Jahren wieder drin.
3. SF-Klasse über Roller oder Leichtkraftrad aufbauen
Nicht jeder Roller bringt eine SF-Klasse mit sich. Die Unterschiede im Überblick:
- Roller unter 50 ccm (z. B. 25er, 45er): Keine SF-Klasse möglich, pauschale Haftpflichtversicherung.
- Leichtkraftrad bis 125 ccm (Führerscheinklasse A1 oder B196): SF-Klasse aufbaubar, wenn regulär haftpflichtversichert.
- Motorräder über 125 ccm: Vollwertiger SF-Aufbau wie beim Auto möglich.
4. Voraussetzungen für den Aufbau einer SF-Klasse
Damit aus dem Roller wirklich bares Geld wird, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das Zweirad muss haftpflichtversichert sein (kein Moped-Kennzeichen).
- Der Fahrer ist auch der Versicherungsnehmer.
- Unfallfreie Jahre zählen jedes Jahr bringt eine Stufe.
Was kostet das eigentlich? Eine Haftpflicht für einen 125ccm Roller (z. B. Aprilia SR GT) startet bei etwa 220 – 300 € jährlich je nach Wohnort, Alter, Versicherer. Je höher die SF-Klasse, desto günstiger wird es.
5. SF-Klassenübertragung auf ein Auto
Gute Nachrichten: Die SF-Klasse vom Zweirad kann später aufs Auto übertragen werden. Aber aufgepasst! Es zählt nur die Zeit, in der auch ein Pkw-Führerschein bestand.
→ Wer 3 Jahre mit dem Roller fährt, aber erst seit 1 Jahr den Autoführerschein hat, erhält beim Auto max. SF 1.
6. Was bringt ein Rabattretter – und was nicht?
Viele Versicherer bieten ab einer bestimmten SF-Klasse (z. B. SF 25) einen sogenannten Rabattretter an. Dieser sorgt dafür, dass man nach einem selbstverschuldeten Unfall nicht direkt höher eingestuft und die Prämie nicht teurer wird.
Aber Achtung: Das ist kein echter Schutz der SF-Klasse!
- Die Prämie bleibt gleich (z. B. 30 % Beitragssatz statt 45 %).
- Die tatsächliche SF-Klasse wird trotzdem intern zurückgestuft (z. B. von SF 25 auf SF 18).
Das heißt:
- Solange du bei deinem Versicherer bleibst, merkst du nichts.
- Sobald du wechselst oder die SF-Klasse weitergeben willst, zählt die „echte“ zurückgestufte SF-Klasse nicht der gerettete Beitrag.
Fazit: Der Rabattretter hilft dir kurzfristig bei der Prämie, ABER nicht langfristig beim Vererben oder Übertragen deiner SF-Klasse.
7. Roller oder Motorrad – Was ist der Unterschied?
Roller und Motorrad unterscheiden sich nicht nur im Look, sondern vor allem in Zulassung und Versicherung:
– Roller < 50 ccm: keine SF-Klasse, pauschale Tarife
– Roller > 50 ccm (z. B. 125er): versicherungspflichtig, SF-Klasse möglich
– Motorrad: reguläre SF-Klasse, Kfz-Steuer, TÜV
8. Roller als Zukunftsperspektive für Kinder
Ein Roller ist mehr als nur ein Fortbewegungsmittel er ist ein Investitionshebel. Mit Führerscheinklasse A1 oder B196 wird er zur idealen Einstiegschance, um SF-Jahre zu sammeln und später bei der Autoversicherung zu sparen. Und: Elektro-Roller unterliegen oft der Steuerbefreiung ein weiteres Plus.
Fazit:
Wer früh anfängt, spart später richtig. Der frühzeitige Aufbau einer SF-Klasse etwa durch einen 125er-Roller kann bis zu mehreren hundert Euro jährlich sparen. Und falls Oma wirklich mal ihre SF-Klasse vererben möchte: Es lohnt sich, rechtzeitig zu planen sowohl rechtlich als auch finanziell. Denn SF-Klassen sind kein Erbe im klassischen Sinne aber sie können trotzdem ein wertvolles Geschenk sein.